Fotos: Wilfried Jürges - Nordhorn


Das Jagdrecht muss novelliert werden

NABU - Umfrage: 85 % der Bürger in Niedersachsen halten es für notwendig, dass das Jagdrecht überarbeitet wird.

Hannover, Berlin – Vor dem Hintergrund der Novellierungen der Jagdgesetze in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hat der NABU eine bundesweite repräsentative Bevölkerungsumfrage beim Meinungsforschungsinstitut forsa in Auftrag gegeben. Die klare Mehrheit (84 Prozent) der 1.000 Befragten hält es für sehr wichtig oder wichtig, dass die Aspekte des Natur- und Tierschutzes durch die Jagdgesetze gestärkt werden. Insgesamt 85 Prozent der Menschen in den Nordländern Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein sowie auch in Niedersachsen, sehen dies so.

 

„Wir sehen dies als Aufforderung an die niedersächsische Politik, auch das Niedersächsische Jagdgesetz zu ökologisieren. Die überwiegende Mehrheit im Niedersachsen will mehr Natur- und Tierschutz im Jagdrecht“, erklärte NABU-Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann.

 

„Wollen Jägerinnen und Jäger gesellschaftsfähig bleiben, müssen sie sich den sozialen und ökologischen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte öffnen. So könnte in Niedersachsen der Wolf zum Lackmus-Test werden: Die Mitte Februar von der FDP eingebrachte und von der CDU-Fraktion unterstützte Forderung, den ‚Wolf ins Jagdrecht‘ zu überführen, würde sogar noch zu weniger Natur- und Tierschutz im Jagdrecht führen und dem Willen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung somit widersprechen.“, sagte Dr. Holger Buschmann.

 

Der NABU Niedersachsen fordert eine Vereinheitlichung der Jagdzeiten auf die Monate September bis Dezember und eine Überarbeitung der derzeit üblichen Jagdmethoden. Aus Sicht des NABU sind in einem zukunftsfähigen Jagdgesetz nur noch Ansitz- und Bewegungsjagden zuzulassen. Die Jagd sollte ferner mit bleifreier Munition erfolgen, um Tiere, Umwelt und Verbraucher nicht weiter mit Blei zu belasten. Auf die Fütterung von Wild sollte grundsätzlich verzichtet werden.

Zudem darf die Jagd in Schutzgebieten des Naturschutzrechts ausschließlich dem Schutzzweck dienen, Kernzonen von Großschutzgebieten sind als Wildruhezonen auszuweisen.

 

Der NABU fordert darüber hinaus, dass künftig deutlich zwischen der Jagd als eine Form der Landnutzung und dem Wildtiermanagement als geeignetes Instrument für Konfliktlösungen im Bereich von wirtschaftlichen Schäden sowie bei Artenschutzmaßnahmen unterschieden wird.

 

An die Landesjägerschaft richtete der NABU-Landesvorsitzende ein konkretes Angebot: „Angesichts der massiven Herausforderungen – die biologische Vielfalt geht immer dramatischer zurück im Wald und vor allem auf Feldern – sollte die organisierte Jägerschaft mit dem Naturschutz an einem Strang ziehen: Zeigen Sie den Naturschützern nicht die Faust, denn wir reichen Ihnen die Hand, um mit uns gemeinsam gegen die Bestandsrückgange bei bedrohten Arten vorzugehen und ihre Lebensräume zu entwickeln. Auf lokaler Ebene funktioniert eine solche Zusammenarbeit oft schon sehr gut – jetzt muss nur noch die gesamte Jägerschaft nachziehen. Die Gesellschaft erwartet von den Jagdverbänden, dass sie aus den verstaubten Jagdzimmern ins 21. Jahrhundert treten und sich für den Naturschutz einsetzen. Dies muss sich dann auch im Jagdgesetz wiederfinden.“

Weitere Informationen: hier

 


Stellungnahme der NABU - Kreisgruppe zur Jagdausübung und zum Jagdrecht

Der NABU bekennt sich ausdrücklich zu einer naturverträglichen Jagd als eine Form der Landnutzung, wenn sie den Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht und ethischen Normen nicht widerspricht.

 

Die Jagd in ihrer heutigen Form wird sowohl vom Naturschutz als auch vom Tierschutz und von weiten Teilen der Bevölkerung kritisch gesehen. Ein wichtiger Grund dafür ist das Reformdefizit des Jagdrechts, das seit 1952/53 im wesentlichen unverändert gilt.

 

Wichtige Erkenntnisse der Wildtierökologie sowie des Natur-, Arten- und Tierschutzes sind ebenso wenig eingeflossen wie die veränderten gesellschaftlichen Anforderungen an die Jagdausübung.

 

Aus Sicht des NABU müssen die derzeitigen Jagdgesetze auf den Prüfstand gestellt und nach ökologischen und ethischen Kriterien novelliert werden.

 

Wesentliche Forderungen des NABU sind:

 

  1. Die Listen der jagdbaren Tierarten sind anzupassen.

Derzeit unterliegen in fast allen Bundesländern ca. 150 Tierarten dem Jagdrecht. Davon ist fast jede dritte Art nach dem Naturschutzgesetz streng geschützt.

Tierarten die dem Artenschutzrecht des Bundes unterliegen, sind aus dem Jagdrecht zu entlassen.

Die erlegten Tiere müssen sinnvoll genutzt, d.h. in der Regel verzehrt werden.

 

  1. Die Jagd auf Vögel darf aus Gründen des Artenschutzes (Verwechslungsgefahr und Erhöhung der Gefahr von Fehlschüssen) ausschließlich durch den Abschuss einzelner Vögel ( keine Jagd mit Schrotkugeln) nach sicherer Bestimmung erfolgen. Die Jagd auf Gruppen oder Schwärme fliegender Vögel sowie in der Dämmerung muss daher unterbleiben.

Die Jagd auf Zugvögel wird abgelehnt.

 

  1. Die Jagdzeiten sind zu verkürzen und so störungsarm wie möglich durchzuführen.

Dieses gilt insbesondere für Brut- und Aufzuchtzeiten frei lebender Tiere. Die Jagd in Schutzgebieten darf nur erfolgen, wenn sie dem Schutzzweck des Gebietes dient.

 

  1. Die Jagd hat mit bleifreier Munition zu erfolgen. Bleihaltige Munition belastet nicht nur die geschossenen Tiere sondern bei Fehlschüssen und Schrottmunition auch die Böden.

 

  1. Der NABU fordert ein grundsätzliches Verbot der Fallenjagd und das Verbot der Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren

 

  1. Die unter dem unbestimmten Rechtsbegriff der jagdlichen „Hege“ vollzogene Praxis der Fütterung widerspricht dem grundlegenden Verständnis des Naturschutzes. Der Bestand fast aller Paarhuferarten ( Rehe, Hirsche, Damwild, Wildschweine usw. ) ist in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten stetig angestiegen. Neben einer veränderten Landwirtschaft und dem damit verbundenen vergrößerten Nahrungsangebot spielen aber auch die Fütterung und der missbräuchliche Einsatz von Kirrungen ( Fütterung und der Einsatz von Lockstoffen zum Anlocken von Wild zum Zwecke des Abschusses) eine entscheidende Rolle. Alle bisherigen rechtlichen Beschränkungen von Fütterungen und Kirrungen durch die Länder haben an einer kontraproduktiven massiven Fütterungspraxis nichts ändern können. Dabei werden Kirrungen häufig als verdeckte Fütterungen missbraucht. Daher ist ein Fütterungs- und Kirrungsverbot von Paarhufern eine logische Konsequenz. Der natürliche Tod von Wildtieren im Winter und bei Nahrungsengpässen ist ein biologischer Prozess, der zu hohe Wilddichten vorbeugen kann. Durch den Fütterungsverzicht kann die natürliche Selektion wieder stärker greifen und es werden gesündere Wildtierbestände gefördert, da kranke und schwache Tiere im Vergleich zu gesunden Individuen einer höheren Mortalität während der Wintermonate unterliegen.

Der NABU fordert daher den grundsätzlichen Verzicht auf die Ausbringung von Futtermitteln